Digitale Anpassungsmaßnahmen für den Mittelstand während und nach der Coronakrise
Die neuen wirtschaftlichen Herausforderungen durch das Coronavirus stellen viele kleine und mittelständische Unternehmen akut auf die Probe und vor eine noch nie dagewesene Situation. Vor allem für Einzelhändler:innen und Dienstleister:innen sind Kontakteinschränkungen am bedrohlichsten, denn ihre Unternehmensressourcen, -prozesse und Vertriebskanäle büßen an Effizienz ein. Um möglichen Engpässen entgegenzuwirken, ist rechtzeitiges Handeln gefragt! Nur wer sich umorientieren und seinen Wertbeitrag anpassen kann, kann die eigene Widerstandsfähigkeit stärken – und auch nach der Corona-Pandemie langfristig davon profitieren.
In dieser Phase der Neuorientierung spielen digitale Technologien eine Schlüsselrolle. Dabei muss das eigene Geschäftsmodell keiner radikalen Transformation unterzogen werden. Für die meisten Unternehmen ist eine partielle Digitalisierung durchaus eine Alternative, also das schrittweise Digitalisieren einzelner Elemente des Geschäftsmodells.
Nützliche Hinweise für die Coronakrise und darüber hinaus
Unternehmen stehen eine große Vielzahl an Optionen und Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung, um die Hebeleffekte der Digitalisierung auszuschöpfen.
- Aber welche konkreten Möglichkeiten hat mein Unternehmen?
- Wie kann ich meinen Betrieb gegen ähnliche Krisen präventiv abschirmen?
- Und wie haben sich Unternehmen, deren Prozesse nicht oder nur geringfügig digitalisiert waren, an die Situation angepasst?
Rückblickend möchten wir Ihnen anhand konkreter Beispiele einen kleinen Überblick über unterschiedliche Anpassungsmaßnahmen kleiner und mittlerer Unternehmen aus der Region Magdeburg geben.
Mit Multichannel-Marketing zur verstärkten Onlinepräsenz
Kund:innen auf mehreren Kommunikationskanälen zu erreichen, ist heutzutage eine Voraussetzung für gut Beziehungen zur Kundschaft. Wenn Sie nur auf einen Kanal setzen, z. B. in die eigene Filiale oder das Lokal, verschenken Sie Ihr Potenzial. Dank einer Multikanalstrategie können Sie möglichst viele Zielgruppen erreichen – sowohl off- als auch online. Dabei ist es wichtig Ihre Kund:innen zu kennen und zu wissen, auf welchen Plattformen sie ihre Zeit verbringen. Nur dann können Sie diese auf den entsprechenden Plattformen erreichen. Beim Multichannel-Marketing nutzen Unternehmen mehrere Kommunikationskanäle, um nicht nur die Reichweite einer Kampagne zu vergrößern, sondern auch mehr „Impressions“ – also Sichtkontakt wie Seitenabrufe – bei Kund:innen und Interessent:innen zu hinterlassen.
EIN ERFOLGREICHES REGIONALES BEISPIEL
Das Damenmodengeschäft „Boutique WUNDERSCHÖN Magdeburg“ hat den Nutzen von sozialen Netzwerken erkannt und präsentiert das Produkt-Portfolio über Instagram. Bilder und Beschreibungen von Fashion-Outfits informieren die Kund:innen über die jeweiligen Produktangebote und Fragen können direkt auf der Plattform beantwortet werden.
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Sie haben verschiedene Möglichkeiten: z. B. Blog-Beiträge für Ihre Kundschaftssegmente zu verfassen, auf sozialen Netzwerken mit Ihren Kund:innen zu interagieren und Direktmails zu versenden. In diesen können Sie Interessent:innen über Ihr Wertversprechen, aktuelles Produktangebot und Ihr Unternehmen informieren. Dies verbessert nicht nur den Ruf Ihrer Marke, sondern kann Ihre Zielgruppe auch zum Kauf ermutigen. Blogging kann auch Ihr Ranking in den organischen Suchergebnissen von Suchmaschinen, wie Google und Bing optimieren, während sich die Sichtbarkeit Ihrer Inhalte erhöht.
Für viele Unternehmen bietet es sich teilweise an, Service und Beratung via Messenger einzuführen. Über bekannte Messaging-Plattformen können sinnvolle Beziehungen zu Kund:innen auf bevorzugten Kanälen aufgebaut werden. Evaluieren Sie, was Ihre Kund:innen wirklich wollen und, wie Sie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung in der aktuellen Situation verwenden. Gerade in dieser Zeit lohnt es sich über den Aufbau eines eigenen Onlineshops nachzudenken. Je nach Zielgruppe, Wettbewerbslage und Produktangebot gibt es unterschiedliche Systeme, um die Kernfunktionen von Kauf- und Kommunikationsprozessen mit Kund:innen webbasiert zu gestalten.
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Storytelling: Geschichten erzählen für ein außergewöhnliches Kundschaftserlebnis
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Denken Sie einmal kurz an die folgende Aussage: Menschen werden vergessen, was Sie gesagt haben, aber sie werden nie vergessen, wie Sie sie fühlen ließen. Dieses Zitat fasst die Relevanz der Erlebnisse Ihrer Kund:innen gut zusammen. Denn das sogenannte Storytelling – also das Erzählen von Geschichten, das Vermitteln von Informationen und vor allem Emotionen – ist oftmals das, was Produkte und Dienstleistungen von ihren Mitbewerber:innen hervorhebt.
Dabei können Sie sowohl Texte als auch Bilder benutzen, die oftmals mehr als tausend Worte sagen. Der Dialog mit der Zielgruppe sollte dabei immer im Vordergrund stehen und nicht das Medium. Teilen Sie Ihre Referenzen, gewähren Sie einen Einblick in die Unternehmenskultur, stellen Sie Ihre Mitarbeitenden vor, die mit Leidenschaft an Ihrem Wertversprechen mitwirken. Lassen Sie Ihre Kund:innen ihre Erlebnisse teilen, indem Sie ihnen die Chance bieten, ihre eigenen Geschichten und Produkterfahrungen auf Ihrer Plattform (oder von Drittanbieter:innen) zu teilen. Authentizität ist hier das oberste Gebot – seien Sie lebhaft und inspirieren Ihre Zielgruppe mit individuellen Tatbeständen. Wenn Sie es schaffen, positive Emotionen auszulösen, werden aus potenziellen Kund:innen – Kund:innen, und aus Kund:innen werden Fans.
EIN BEISPIEL AUS DER PRAXIS
Werfen wir mal einen Blick nach Buckau, Magdeburg. Hier entwerfen die Gründer:innen des Designgeschäfts „Fuchs und Hase“ handgezeichnete Prints und Design-Objekte. Die Entstehungsgeschichte, wie aus einem kleinen Grafikauftrag während des Designstudiums eine Geschäftsidee keimte, kommunizieren die Betreibenden auf ihrer Webseite. Die Produkte werden liebevoll beschrieben. Sie erfahren, wie sie entstanden sind und wofür sie stehen. Ein Blog befindet sich momentan in der Aufbauphase und soll Besucher:innen in naher Zukunft mit Erfolgs- und Entstehungsgeschichten unterhalten.
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Vernetzung auf digitalen Plattformen
Während der Corona-Pandemie schaffen digitale Plattformen für viele Unternehmen Abhilfe. Über Videokonferenz-Plattformen wie GoToMeeting, ClickMeeting und Zoom können Geschäftskonferenzen und Betreuungen der Kundschaft virtuell stattfinden. KMU können ihr Wertangebot um Online-Seminare und Livestreams sinnvoll ergänzen. Digitale Plattformen bieten außerdem eine gute Gelegenheit, Produkte und Dienstleistungen auf neuen Kanälen und fachspezifischen Handelsportalen zu vertreiben. Unternehmen können so neue Kundschaftssegmente erschließen und den Verkauf ihrer Produkte und Dienstleistungen teilautomatisieren. So können unter anderem aktuell in der Corona-Zeit entstandene Plattformen Geschäften und Konsumenten ein Ökosystem mit einer beträchtlichen Reichweite bieten.
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Wie eine Vernetzung über digitale Plattformen aussehen kann, zeigt der digitale, lokale Marktplatz „YourLocal“. Die Plattform vernetzt Kund:innen mit heimischen Händlern und soll somit die regionale Wirtschaft unterstützen, während Konsument:innen in Magdeburg und Umgebung von strukturierten Informationen und den erweiterten Einkaufsmöglichkeiten profitieren. Die Entstehungsgeschichte von der Idee bis zur Umsetzung eines regionales Online-Marktplatzes, initiiert durch die Wein:Sein GmbH, finden Sie im Projekttagebuch.
Auch der Verein für Gesundheit, Bewegung und Sport an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg e.V. (VGBS e.V.) hat zügig reagiert und kurzfristig einen YouTube-Kanal eingerichtet. Einfache Sport- und Dehnübungen wurden speziell für das eigene Zuhause angepasst und optimiert.
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Sie wollen Ihr eigenes digitales Geschäftsmodell entwickeln? Dann ist unser Workshop „Geschäftsmodelle systematisch entwickeln – Grundlagen“ genau das Richtige für Sie! Sprechen Sie uns gern an.
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Innovationen direkt an der Wertschöpfungskette
Eine Krise kann alte Muster durchbrechen und neue Räume für Innovationen schaffen. So entstanden in den letzten Monaten viele neue kreative Ideen und entsprechende Anpassungseffekte des eigenen Geschäftsmodells. Zum einen gibt es die ausgefallene Idee des „Drive-Through Shopping“ – also ein Einkaufserlebnis, ohne aus dem Auto aussteigen zu müssen. Kund:innen können mit dem Fahrzeug bequem durch den Laden oder am Verkaufsort entlangfahren und sich das gewünschte Produkt aussuchen. Andere Unternehmen setzen in der Krise auf interaktive Showrooms. Hier wird mit Hilfe von VR- und AR-Technologien ein virtueller Ausstellungsraum für die Präsentation des eigenen Produktportfolios geschaffen. Das Produkt wird mittels einer VR-Brille oder einem mobilen Endgerät hautnah erlebt. Unabhängig von Zeit und Ort ist eine Interaktion mit den Produkten möglich – natürlich auch eine individuelle Konfiguration und Bestellung. Dabei eignen sich Produkt-Konfiguratoren und virtuelle Ausstellungsräume besonders für hochkomplexe Produkte mit einer Vielzahl möglicher Produktvarianten, um individuelle Anforderungen interaktiv und schnell erfüllen zu können.
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Natürlich muss es nicht immer eine radikale Innovation für die wirtschaftliche Umsetzung sein. In der Gastronomie ist die Einführung von Lieferdiensten und Abholservice ein wirksamer Schritt, um weiterhin Umsatz zu erzielen. Dabei gibt es unterschiedliche Varianten, deren Kosten-Nutzen-Verhältnis individuell bestimmt werden soll:
- Die selbstständige Abwicklung von Bestellungen und Auslieferung,
- Nutzung von Lieferservice-Plattformen,
- oder die Errichtung eines eigenen Online-Formulars inklusive einer digitalen Speisekarte.
Während der schrittweisen Lockerung von Kontaktbeschränkungen können Gastronom:innen zudem vom sogenannten „ViLog.Care“-Projekt profitieren – ein Wort, das sich aus “Visitor” (Besucher:in) und “Logging” (anmelden) zusammensetzt. Dies ist ein kostenloser und datenschutzfreundlicher Dienst für die Gästeregistrierung, um eine papierlose und hygienische Erfassung von Gästedaten zu gewährleisten. Die Daten werden innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist automatisch gelöscht.
Beispielsweise die Mensa auf dem Uni-Campus Magdeburg nutzt diesen Dienst und wird dadurch bei der Umsetzung der geforderten Hygienekonzepte digital unterstützt. Das ViLog.Care-System ist ein Gemeinschaftsprojekt der GfI Gesellschaft für Informationssicherheit mbH aus Halle (Saale).
Digitalisierungsschub durch Corona
Die Pandemie dürfte das Tempo der digitalen Transformation branchenübergreifend beschleunigen. Dass die Akzeptanz für die Digitalisierung merklich steigen wird, lässt sich bereits jetzt beobachten. Allerdings lautet die Prämisse, dass Veränderungen, die jetzt eintreffen, auch nach der schrittweisen Rückkehr zur Normalität bleiben und sogar intensiviert werden. Die momentane Situation bietet KMU neben Risiken und Herausforderungen auch Chancen, sich vom Wettbewerb abzuheben. Denn die aufgezeigten Möglichkeiten ließen sich noch weiterführen, der nötige Aufwand für viele KMU wird eher überschaubar bleiben. Sowohl lokale Handels- als auch Gastronomieunternehmen können ihre Online-Präsenz weiter ausbauen, neue Vertriebskanäle erschließen sowie die Beziehungen zu Kund:innen nachhaltig stärken. Auch das Handwerk kann von der Digitalisierung profitieren, indem einzelne Elemente des Geschäftsmodells digitalisiert werden.
Am Ende zählt, was Ihre Kund:innen von Ihnen in dieser Zeit erwarten, wofür sie bereit zu zahlen sind und welche Probleme Sie mit digital-gestützten Wertangeboten effizienter lösen können. Begreifen Sie den Aufwand an der Weiterentwicklung Ihres Geschäftsmodells als ein Kreativprojekt. Involvieren Sie dabei auch Ihre Mitarbeitenden, um sich letztendlich Alleinstellungsmerkmale durch digitale Technologien zu verschaffen oder weiter ausbauen zu können.
Digital durchstarten?
Wir unterstützen Sie gern mit unseren Unternehmenssprechstunden und unseren regelmäßigen virtuellen Digitalisierungssprechtagen gemeinsam mit der HWK-Halle und IHK-Halle.
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