Wandel der Berufsbilder durch veränderte Aufgaben: Digitalisierung verändert die Arbeitswelt
Arbeit 4.0 – Was verstehen wir darunter?
Dem Megatrend „Digitalisierung der Arbeit“ können sich weder Unternehmen noch Mitarbeiter:innen verweigern. Arbeit 4.0 ist der Oberbegriff für die Digitalisierung der Arbeitswelt. ‚Arbeiten 4.0‘ wird vernetzter, digitaler und flexibler sein. Wie die zukünftige Arbeitswelt im Einzelnen aussehen wird, ist noch offen.“ (BMAS, Weißbuch Arbeiten 4.0, 2017)
Vier zentrale Merkmale von Arbeit 4.0 sind:
- Flexibilität: flexible Arbeitszeiten und -orte sowie Inhalte
- Komplexität: Zunahme und Verdichtung der in Echtzeit bereitstehenden Daten und Informationen
- Interaktion: transparenter und effizienter Austausch durch Kollaborationstools und Softwarelösungen (zwischen Menschen und zwischen Mensch und Maschine)
- Kompetenzanforderungen: kontinuierliche Weiterbildungen, lebenslanges Lernen (Vgl. Bosse & Zink, 2019)
Wie sieht Arbeit 4.0 aus?
- Arbeit 4.0 ist agil[1].
- Arbeit 4.0 braucht Freiraum.
- Arbeit 4.0 basiert auf Freiwilligkeit.
- Führung von Arbeit 4.0 muss einem „Anleiten“ weichen.
- Arbeit 4.0 wird künftig dynamischer und kurzzyklischer.
- Arbeit 4.0 wird digital unterstützt. (Vgl. Lindner, 2019)
[1] Agilität ist die Fähigkeit eines Unternehmens sein Geschäftsmodell und seine Organisation in kurzer Zeit auf neue Marktanforderungen und sich bietende Chancen auszurichten.
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Wurden vor der Corona-Pandemie vorwiegend im Bereich Kommunikation, Interaktion und Zusammenarbeit E-Mails (88%), das World Wide Web (79%), Text-, Tabellen- und Präsentationssoftware (77%) genutzt (vgl. Gimpel et al, 2018, S. 24), stieg seit Beginn der Pandemie die Nutzung von Kommunikationstools, die für die Arbeit im Homeoffice wichtig sind, wie zum Beispiel Video-/Webkonferenzen, Kollaborationstools, Remote-/VPN-Lösungen, Cloud- und Security-Lösungen (vgl. Digitalisierungsindex 2020).
Was verändert sich auf dem Arbeitsmarkt?
Bezugnehmend auf den Arbeitsmarkt sind die Automatisierung und Substitution und der Wandel der Berufsbilder entscheidende Veränderungen.
Automatisierung und Substitution sind die Aspekte, die in den Medien am häufigsten mit der Digitalisierung in Zusammenhang gebracht werden. Beispielhaft tauchen dann Titel auf wie:
- „Darf mich ein Roboter entlassen?“,
- „Hilfe, mein Chef ist ein Roboter“ oder auch
- „Ein Chef, der keine Launen hat“.
Oder es werden Bilder mit menschenleeren Fabriken gezeigt. Digitalisierung wird Berufe und die Arbeitswelt insgesamt verändern, aber es werden weiterhin Arbeitskräfte gebraucht!
Wird von Substitution gesprochen, so ist damit gemeint, dass Tätigkeiten, die derzeit noch von Menschen ausgeführt werden, zukünftig von Maschinen übernommen werden könnten. Die Voraussetzung hierfür ist, dass es sich dabei um Tätigkeiten handelt, die einen routinisierten und in hohem Maße regelbasierten Charakter aufweisen und daher relativ problemlos von Computeralgorithmen übernommen werden könnten. Bei der Einschätzung der Substituierbarkeitspotenziale geht es ausschließlich um die technische Machbarkeit. Wenn eine Tätigkeit als ersetzbar eingestuft wurde, heißt das nicht, dass sie tatsächlich in den nächsten Jahren ersetzt wird. Sofern die menschliche Arbeit wirtschaftlicher, flexibler oder von besserer Qualität ist oder rechtliche oder ethische Hürden einem Einsatz solcher Technologien entgegenstehen, werden auch ersetzbare Tätigkeiten eher nicht ersetzt. (Vgl. Dengler, IAB Stellungnahme 2/2019, S. 8)
Wendet man dieses Konzept der Substitutionspotenziale an, so zeigt sich für Sachsen-Anhalt, was in der Tabelle dargestellt ist: dass zum Stichtag 31.12.2017 in Sachsen-Anhalt 190.400 Beschäftigte einer Arbeit nachgegangen sind, deren Tätigkeiten zu mindestens 70 Prozent schon mit dem derzeitigen Stand der Technik von Maschinen ausgeführt werden könnten (das sind 24,4%; der Bundesdurchschnitt liegt bei 25%).
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Bei 340.000 Arbeitskräften könnten zwischen 30 und 69 Prozent der Tätigkeiten ersetzt werden. Bei 32% der Beschäftigten in LSA könnten bis zu 30% der Tätigkeiten substituiert werden. Das variiert natürlich je nach Branche. Ein überdurchschnittlich hohes Substituierbarkeitspotenzial weisen Fertigungsberufe und Fertigungstechnische Berufe auf, wie z. B. Fachkräfte für Metallbau und Maschinenbau-/Betriebstechnik, sowie Fachkräfte in der Bauelektrik und Kraftfahrzeugtechnik. Ein besonders geringes Substituierbarkeitspotenzial haben soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe, Sicherheitsberufe und Reinigungsberufe sowie medizinische und nicht-medizinische Gesundheitsberufe. In der Gesundheits- und Sozialwirtschaft z. B., also in Tätigkeiten am Menschen, fällt die Substituierbarkeit wesentlich geringer aus. (Vgl. Kropp, Theuer & Fritzsche 2018, S. 18 (Berechnungen des IAB der BA mit Stichtag 31.12.2017))
Werden digitale Technologien die Jobs verändern?
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) als Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit hat ein Tool entwickelt, um die Folgen für Berufe in Deutschland zu bestimmen, d. h. die Substituierbarkeit zu berechnen. Der sog. „JOB-FUTUROMAT“ ist ein Online-Tool, das die Substituierbarkeit in Bezug auf die technische Machbarkeit für 4.000 Berufe anzeigt. Darunter haben 1.000 Berufe ein hohes Substituierbarkeitspotenzial (70% und mehr) und davon haben 400 Berufe ein Substituierbarkeitspotenzial von 100%, z. B. der Bäcker, der Buchhalter, der Steuerfachangestellte oder der Kassierer.
Heißt das dann: Roboter übernehmen unseren Job und wir sind raus? Ganz so einfach ist es nicht. Tatsächlich verschwinden Berufe eher selten, aber sie verändern sich: Manche Tätigkeiten werden automatisiert; andere weiterhin von Menschenhand erledigt, selbst wenn sie automatisierbar sind. Neue Tätigkeiten oder neue Berufe kommen hinzu, vor allem, um die neuen Technologien einsetzen zu können. Im Zusammenhang mit den Anforderungen, die die neuen Arbeitsformen und Instrumente an die Beschäftigten stellen, werden sich aber auch die benötigten Kompetenzen in einzelnen Berufen verändern. Vielfach geht es dabei um sehr spezialisiertes Wissen, da ja z. B. in jedem Beruf ganz unterschiedliche Maschinen und Systeme zum Einsatz kommen bzw. kommen könnten.
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Die Digitalisierung bietet Chancen, die es in der Arbeitswelt 4.0 zu nutzen gilt. Die Unternehmen sollten allerdings ihre Mitarbeitenden auf den Weg der digitalen Veränderungen mitnehmen. Das Wissen und Können der Mitarbeiter:innen muss dabei immer auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Die größte Herausforderung besteht darin, dass das Wissen durch die fortschreitende Digitalisierung immer schneller veraltet und neues Wissen erworben werden muss und dass somit ein lebenslanges Lernen notwendig ist. Die digitale Kompetenz der Beschäftigten wird in Zukunft für genauso wichtig erachtet, wie die fachlichen oder sozialen Fähigkeiten. Die soziale Komponente wird immer mehr gefragt sein, z. B. beim Arbeiten in virtuellen Teams. (Vgl. Interview mit Prof. Katharina Dengler, IAB: Von Mittelstand zu Mittelstand Podcast)
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