POTENZIAL-
ANALYSE

Unternehmen erzählen
ihre Geschichte

Künstliche Intelligenz im Nahverkehr

Automatische Erkennung von kritischen Anomalien im ÖPNV

DER ANLASS

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) spielt in vielen Ländern der Welt eine zentrale Rolle. In Deutschland wurden im Jahr 2022 rund zehn Milliarden Fahrgäste mit Bussen und Bahnen im ÖPNV befördert[1]. In Sachsen-Anhalt waren es rund 177 Millionen Fahrgäste[2]. Dort wird das ÖPNV-Angebot von der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA GmbH)  im Zusammenwirken mit verschiedenen Partnern geplant und gestaltet. In Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen und -verbünden im Land koordiniert die Abteilung „Echtzeitdaten und Kollektive Fahrgastinformation (EFI)“ der NASA GmbH datenbasierte Dienste für Auskunftsportale wie das landesweite Informationssystem für den Nahverkehr INSA.

Über die INSA-App können Fahrzeiten abgefragt, Routen mit verschiedenen Verkehrsmitteln geplant, über Änderungen und Verspätungen informiert und Fahrkarten gebucht werden. Die Genauigkeit dieser Informationen hängt jedoch von den Daten ab, die ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem liefert. In diesem können kritische Anomalien wie Verspätungen, Ausfälle oder technische Störungen vorliegen, die für ExpertInnen nicht immer sofort erkennbar sind. Anomalien können jedoch die Genauigkeit der INSA-Fahrplanauskunft beeinträchtigen. Zur Verbesserung der Auskunft untersucht die NASA GmbH daher die Leistungsfähigkeit maschineller Lernverfahren.

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[1] Öffentlicher Personenverkehr in Deutschland: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3095/umfrage/oeffentlicher-personenverkehr-in-deutschland/

[2] Fahrgäste im Linienverkehr in Sachsen-Anhalt: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/204537/umfrage/fahrgaeste-im-liniennahverkehr-in-sachsen-anhalt/

DIE LÖSUNG

In einer mehrwöchigen Potenzialanalyse wurde ein Konzept und eine Software zur automatischen Erkennung von Anomalien erarbeitet. Wichtiger Bestandteil der Software sind überwachte und unüberwachte Computeralgorithmen des maschinellen Lernens[1]. Die Grundlage stellten Daten aus dem Betriebsleitsystem dar. DomänenexpertInnen wählten hierbei interpretierbare Datenfelder wie „Ankunftszeit“, „Abfahrtszeit“ und „Anteil der übertragenen Echtzeitdaten über die gesamte Fahrt“ aus, die ihnen für die eigene Erkennung von Anomalien wichtig erschienen. Zudem ordneten sie die Datenpunkte den Kategorien „kritische Anomalie“ und „keine kritische Anomalie“ zu.

Herr Kay Schreiber, ein Projektmanager der NASA GmbH, Herr Mauricio Soltmann, eine studentische Hilfskraft und Informatikstudent an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg sowie Frau Juliane Höbel-Müller, eine KI-Trainerin des Mittelstand-Digital Zentrums Magdeburg, analysierten einen kleinen vorgefilterten Datensatz. Für Herrn Soltmann fand die Analyse im Rahmen seiner industrienahen Bachelorarbeit statt. Ziel war es, eine begründete Auswahl von Lernalgorithmen zu initiieren und deren Leistungsfähigkeit auf unbekannten Daten praxisnah zu beurteilen.

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[1] KI-Kochbuch – Rezepte für den Einsatz Künstlicher Intelligenz im Unternehmen: https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/Publikationen/zentrum-kommunikation-ki-kochbuch.pdf?__blob=publicationFile&v=3

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„Die Einführung Künstlicher Intelligenz (KI) im öffentlichen Personennahverkehr stellt für die NASA GmbH einen Baustein für eine kundenorientierte Mobilität der Zukunft dar.“

DAS HAT ES GEKOSTET

Im vorliegenden KI-Anwendungsfall wurde ein strukturierter Datensatz mit 1183 Zeileneinträgen und 294 Anomalien erstellt. Die Auswahl nützlicher Datenfelder und deren Kategorisierung als kritische oder unkritische Anomalie basierte auf Domänenwissen der NASA GmbH. Vor dem Hinzuziehen weiterer ExpertInnen hat Herr Schreiber erste KI-Modelle entwickelt, um deren Potenzial zur Anomalienerkennung initial abzuschätzen. Herr Soltmann hat dann in kostenfreier Absprache mit Frau Höbel-Müller das zukünftige Potenzial präzisiert. Daraufhin konnte er einen Softwareprototypen entwickeln. Dieser kann testweise in den Arbeitsprozess zur Qualitätssicherung eingebunden und auf Akzeptanz geprüft werden. Die Datenvorbereitung, das Anlernen und Testen maschineller Lernalgorithmen hat Herr Soltmann unter Verwendung der frei verfügbaren Software „scikit-learn“[1] umgesetzt.

[1] scikit-learn – Machine Learning in Python: https://scikit-learn.org

DAS WÜRDE DAS UNTERNEHMEN NICHT WIEDER MACHEN

„Die Zielformulierung ist ein kritischer Erfolgsfaktor für den Einsatz von KI.“, ist Herr Soltmann überzeugt. Die Einbeziehung von Domänenwissen in maschinelle Lernmodelle kann nützlich sein, aber die Problemlösung einschränken. Die Auswahl interpretierbarer Eingabefelder sollte gut überlegt sein, um das Lernen wertvoller Muster zu ermöglichen, die mit Anomalien korrelieren. Eine gründliche Suche nach evidenzbasierten „Best Practices“ im Bereich der Anomalieerkennung vermeidet Ineffizienzen bei der Datenanalyse, der Datenvorverarbeitung, der Modellauswahl und der Modellbewertung.

DAS HAT DEM UNTERNEHMEN SEHR GEHOLFEN

Es gab viele Quellen, die Herrn Soltmann und Herrn Schreiber bei der Umsetzung einer prototypischen KI-Anwendung geholfen haben. Vor allem Videos im Bereich des maschinellen Lernens und der Entwicklung von graphischen Benutzeroberflächen mit Python waren hilfreich. Bei Fragen zum Datensatz konnten die DomänenexpertInnen der NASA GmbH jederzeit unterstützen und bei Fragen zur Datenanalyse und zum Training und Testen potenziell geeigneter maschineller Lernmodelle stand das Mittelstand-Digital Zentrum Magdeburg zur Seite.

  • Ansprechpartner

    Kay Schreiber
    Projektmanager bei der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH
    Am Alten Theater 4, 39104 Magdeburg

  • Branche

    Verwaltung und öffentlicher Dienst

Juliane Höbel-Müller

Juliane Höbel-Müller

Künstliche Intelligenz & Maschinelles Lernen
  • KONTAKT

    Mittelstand-Digital Zentrum Magdeburg
    c/o Otto von Guericke Universität Magdeburg
    Universitätsplatz 2
    39106 Magdeburg